Zu Frage 4 (Zentrale Aufragsstelle Belgien und Nordfrankreich hat mir das Mitglied "Donalfonso" eine ganz tolle Erklärung per Mail zugesendet. Diese stelle ich gerne als Antwort ein.
die Gründung der Zentralauftragsstellen für den Bereich des Militärbefehlshabers in Frankreich (Paris) und für den Bereich des Militärbefehlshabers Belgien und Nordfrankreich (Brüssel) geht auf Weisungen Görings als Beauftragter des Vierjahresplans zurück.
Mit der Aufstellung der Zast Paris als selbständige Dienststelle wurde am 1. September 1940 begonnen. Für die Dienststelle in Brüssel dürfte das gleiche Datum gelten. Zu den Aufgaben einer Zast gehörte u.a. die Lenkung aller im besetzten Gebiet von öffentlichen Bedarfsträgern und privaten Unternehmen aus Deutschland unterzubringenden Aufträgen (Fertigung/Einkauf) Die Zast Paris war, wie auch aus dem Namen hervorgeht, nur für den besetzten Teil Frankreichs zuständig. aber die Verkehrsverbindungen waren noch nicht so, dass überhaupt ein Postverkehr zugelassen werden konnte. Für die Zulassung von Wirtschaftspost bestand aber ein Bedürfnis. In dieser Situation wurde die Zast Paris als Vermittler eingeschaltet und übte auch eine Zensurtätigkeit aus. Dies geschah aufgrund einer Vereinbarung vom 24.09.1940 zwischen der Zast und dem Armeefeldpostmeister. Das lief so: Die deutsche Firma sandte ihre mit Auslandsporto versehenen offenen Briefe unter Doppelumschlag an die Rüstungsinspektion XII in Wiesbaden (Briefsammel- und Weiterleitungsstelle), die die Sendung per Kurier zur Zast beförderte. Die Zast nahm die abwehrmäßige Prüfung vor, verschloss die Briefe und übergab sie dem Feldpostamt 724 in der Avenue de Jena 96. Dort wurden die Briefe mit dem Feldpoststempel versehen und der französischen Landespost zur Weiterleitung übergeben. Bei der französischen Wirtschaftspost nach Deutschland lief es so: Die Post musste offen mit Auslandsporto unter Doppelumschlag an die Zast gerichtet werden. Dort erfolgte Prüfung, Verschluss und Abstempelung durch ein französisches Postamt; danach ging es weiter mit Kurier zur Rüstungsinspektion XII, die für die Weiterleitung durch die Deutsche Reichspost sorgte. Nach Eröffnung des allgemeinen Postverkehrs zwischen dem besetzten Frankreich und Deutschland am 9. November 1940 wurde die Vermittlungstätigkeit der Zast im Laufe des Monats Februar 1941 eingestellt. Weiterhin zugesandte Sendungen gab sie unter Hinweis auf den allgemeinen Postverkehr zurück. Die Zensur erfolgte dann bei den ABP Köln und Frankfurt/M. Diese Beschreibung des Vermittlungsverfahrens habe ich übernommen aus dem Aufsatz von Claus Reimann "Wirtschaftspostverkehr Deutschland-Frankreich 1940-44" in AGZ-Rundbrief 121/2008, Seite 46. Die Zentralauftragsstelle in Belgien und Nordfrankreich hat offensichtlich keine der Vermittlungstätigkeiten wie die Zast Paris durchgeführt, weil die Verkehrsverhältnisse im Bereich des Militärbefehlshabers Belgien und Nordfrankreich (eingesetzt schon vor dem Waffenstillstand mit Frankreich) einfacher gelagert waren. In Belgien waren offene Briefsendungen schon ab 6. September 1940 erlaubt und eingeschriebene Briesendungen ab 15.10.1940 (Vgl. Michel Postgebühren-Handbuch Deutschland, Erstausgabe München 2001, s. 147). Das dürfte auch den Bereich Nordfrankreich des Militärbefehlshabers betroffen haben. Der abgebildete Stempel der Zentralauftragstelle dürfte allein als Dienstsiegel gedient haben.
Übrigens: der gezeigte Brief zeigt zeigt das Datum des 27. August 1941. Zu diesem Zeitpunkt hatte die Zast Paris keine Vermittlungsfunktionen mehr und übte keine Zensur aus sondern erfüllte ihre normalen Aufgaben. Auch bei der Zast Paris wurde der Stempel ein reiner Dienststellenstempel. Trotzdem: ein sehr schöner Brief!
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09.02.2025 10:57
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